Lachgas – die erzo ARA geht voran

Bei der biologischen Reinigung des Abwassers entsteht eine nicht unerhebliche Menge an Lachgas. Obwohl zu dessen Reduktion noch keine Anforderungen bestehen, ergreift die erzo ARA die Initiative und will den Anteil des Lachgases durch eine «Echtzeit-Steuerung» deutlich senken. Es ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Die «Herausforderung Lachgas» führt uns zuerst einmal zurück an den Absender – den Menschen. Eiweisshaltige Nahrungsmittel wie Fleisch, Fisch, Eier oder Hülsenfrüchte gelangen als Proteine in den Verdauungstrakt. Dort werden sie von Enzymen in ihre Bestandteile zerlegt – die Aminosäuren. Die freigesetzten Aminosäuren werden über die Darmwand ins Blut aufgenommen und zu den Zellen des Körpers transportiert. Diese können die Aminosäuren für den Aufbau von körpereigenen Proteinen nutzen, die für unterschiedliche Funktionen wie für den Muskelaufbau, die Enzymproduktion oder die Bildung von Hormonen nötig sind. Wenn der Körper mehr Aminosäuren aufnimmt, als er für den Aufbau von Proteinen benötigt, werden diese überschüssigen Aminosäuren im Stoffwechselprozess weiterverarbeitet. Der überschüssige Stickstoff, der in der Aminogruppe der Aminosäuren steckt, muss als Abfallprodukt entfernt werden. Dies geschieht in der Leber, wo der Stickstoff in Form von Harnstoff oder Ammonium umgewandelt und dann über den Urin ausgeschieden wird. Und der landet über die Kanalisation dann in der erzo ARA.

Lachgas ist hochwirksam

Hier sorgen Bakterienarten dafür, dass das Ammonium in einem biologischen Prozess (Nitrifikation), in Nitrat umgewandelt wird, das dann weiter abgebaut oder in ungefährlicheres Material umgewandelt werden kann. Bei der anschliessenden Denitrifikation wird das Nitrat durch Mikroorganismen in gasförmigen Stickstoff umgewandelt. Die Denitrifikation trägt zur Reduzierung des Nitrats in Böden und Gewässern bei, was vor allem in der Umwelt wichtig ist, um eine Überdüngung und damit einen Überschuss von Nährstoffen in Gewässern zu verhindern, der zu einem übermässigen Wachstum von Algen und Wasserpflanzen und schliesslich zu einem Verlust an Sauerstoff führt. Bei diesen Prozessen entsteht Lachgas, das reduziert werden muss, weil Lachgas ein hochwirksames Treibhausgas ist, bis zu 298 mal stärker ist als CO2 und nicht nur zur globalen Erwärmung beiträgt, sondern auch zum Abbau der Ozonschicht.

Optimale Bedingungen für die Bakterien

Und hier setzt die erzo ARA ein: mit einer dynamischen Regelung. Sie passt die Bedingungen in der Abwasserbehandlung laufend an, um genau den richtigen Sauerstoffgehalt zu halten mit dem Ziel, eine optimale Balance zu finden, bei der zum einen die Nitrate effektiv abgebaut werden und anderseits so wenig Lachgas wie möglich entsteht. Und das funktioniert wie folgt: Eine grosse Anzahl an Sensoren messen kontinuierlich den Sauerstoffgehalt und die Nitratkonzentration im Abwasser. Basierend auf diesen Messungen wird die Menge an Sauerstoff, die den Bakterien zur Verfügung gestellt wird, in Echtzeit angepasst. Diese Regelung erlaubt es den Bakterien, unter optimalen Bedingungen zu arbeiten – und den Lachgasausstoss substanziell zu reduzieren.

Das bedingt allerdings ein Investment. Die erzo ARA wird dafür eine knappe halbe Million Franken aufwenden. Allerdings erhält die erzo ARA durch die Teilnahme am Programm der Stiftung «Klimaschutz und CO2-Kompensation» (KliK) die gesamten Investitionen rückvergütet.

 

Drei Fragen an Adrian Burkart

Adrian Burkart, Ihre laufenden Messungen der Abluft bei der biologischen Reinigung der Abwässer registrieren beträchtliche Mengen an Lachgas. Wie gravierend ist das Problem tatsächlich?

Adrian Burkart: Die erzo ARA liegt mit dem Lachgasproblem im Schweizer Durchschnitt, was verdeutlicht, dass dieses Problem angegangen werden muss. Ab 2028 wird das Parlament eine neue Verordnung mit Massnahmen und Grenzwerten festlegen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums umgesetzt werden müssen. Eine dieser Massnahmen ist die Reduktion des Gesamtstickstoffs

In der Schweiz gibt es bezüglich der Anforderungen von Netto-Null-Emissionen noch keine Vorgaben. Hat man die Herausforderung Lachgas bisher unterschätzt?

Die Zusammensetzung des Abwassers ändert sich laufend, weshalb der Prozess immer wieder an neue Herausforderungen angepasst werden muss. Dies bringt mit sich, dass der Gesetzgeber regelmässig neue Grenzwerte oder Massstäbe setzt. Wir können uns nicht auf früheren Erfolgen ausruhen, sondern müssen mit den Herausforderungen Schritt halten

Die erzo ARA handelt jetzt auch ohne nationale Vorgaben. Was ist der Grund? Und warum jetzt?

Das Förderprogramm KliK hat einen wichtigen Anreiz geschaffen, einen bedeutenden Beitrag zur Reduzierung der Umweltbelastung zu leisten. Zudem werden die gesamten Investitionen rückvergütet, da die Umsetzung freiwillig erfolgt. Sobald die Massnahmen jedoch gesetzlich vorgeschrieben sind, fliessen keine Fördergelder mehr. Durch die Einführung der dynamischen Regelung werden die Stickstoffemissionen deutlich reduziert, und gleichzeitig kann erheblich Energie eingespart werden. Daher ist der Anreiz für eine freiwillige Umsetzung sehr gross. Die erzo ARA verfügt zudem über eine CO₂-Bilanz und muss bis zum Jahr 2030 ihre Emissionen um 43 % reduzieren.

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